Wie ich lernte, Bienen zu lieben

Die Hobbies werden immer cooler – und ebenso ihre Namen. Meist ist es irgendeine Kombination aus  „free“ und dancing, riding, climbing. Wie wär’s denn mal mit beekeeping? Imkern ist kein Alte-Männer-Hobby mehr!

 

Ich war unterwegs mit Andreas, meinem Spezl. Durch ganz Neuseeland sind wir gefahren, über ein halbes Jahr lang. Schließlich kamen wir nach Rotorua, einem Ort auf der Nordinsel: Grüne Landschaft, viele Hügel – und dank der natürlichen Thermalquellen ein penetranter Schwefelgestank. Hier trafen wir Gerry, um bei ihm zu arbeiten.

 

Über 500 Bienenvölker
Gerry hatte über 500 Bienenvölker um ganz Rotorua und sogar an der Ostküste, wo viele Teebäume wachsen. Dort sammelten seine Bienen fleißig für den weltbekannten (und sündhaft teuren) Manukahonig.

 

Jedenfalls hatte ich vorher nichts mit der Imkerei am Hut. Aber naturinteressiert bin ich immer schon gewesen, Andreas wahrscheinlich noch mehr. Warum also nicht auch mal imkern?

 

Wir mussten uns dicke Arbeitsanzüge und Gummistiefel anziehen. Mögliche Einschlupfmöglichkeiten wurden mit festem Klebeband zugeklebt, der Schleier verschlossen. So gingen wir zu den ersten Bienenvölkern. Die Hitze war erdrückend. Wir kontrollierten den Schwarmtrieb der Bienen. Begeistert waren die aggressiven Insekten davon nicht.

 

„Beekeeping @ night. Ätzend!“
In meinem Reisetagebuch hatte ich notiert: „Mich haben keine gestochen, Andreas zwei oder mehr. Beekeeping schein interessant zu sein, weiß aber nicht, ob’s für mich passen würde (evtl. privat).“ Das war nach meiner ersten innigeren Begegnung mit den Bienen. In den kommenden Tagen wurde es schließlich noch mehr: Um die Bienen von Rotorua an die Ostküste zu verbringen, mussten die Völker auf die mehrere hundert Kilometer lange Reise nachts vorbereitet werden. Aus meinem Tagebuch: „Beekeeping @ night. Ätzend, weil Bienen überall reinkriechen. Andreas wird unterhalb des Auges gestochen. Zum Feierabend-Cider gibt es Gerrys schlechte Witze.“

 

Schöne, freie Zeit
Während meiner Reise fühlte ich mich frei, unbeschwert und der Natur so nahe wie lange nicht mehr. Nicht zuletzt deswegen, weil wir den verschrienen Insekten so nahe gekommen sind. Das Eis war gebrochen. Ich war begeistert vom Aufbau ihres Staates, ihrer enormen Bedeutung für die Menschen – und dem leckeren Honig!

 

Erste Bienenerfahrungen daheim
Nach einer langen Reise kamen Andreas und ich wieder zurück nach Bayern. Ich informierte mich relativ bald nach unserer Rückkehr über Imkerkurse in unserer Gegend, obwohl mein Fokus zunächst auf dem Studienbeginn lag. Schließlich ergab sich die Gelegenheit: Der Imkerverein Gmund-Tegernseer Tal und Umgebung e.V. veranstaltete einen Jungimkerlehrgang.

 

Ohne Schleier? Ohne Handschuhe? Ohne Klebeband?
Wie kann man nur ohne Schutz zu diesen Insekten hingehen?, fragte ich mich als mein Imkerpate, Max Stoib, ganz entspannt eine Wabe nach der anderen aus der Beute zog. Ich lernte also: Nicht alle Bienen sind „Mistmatzen“, wie man in Bayern sagen würde. Die in Europa weit verbreitete Rasse Carnica ist meist sehr umgänglich und viel weniger aggressiv als andere.

 

Nach dem Imkerlehrgang war für mich klar: Das will ich auch machen. Ich bastelte mehrere Tage lang an meinen Beuten in Dadant-Maß. Ich wollte sie unbedingt selber machen. Kaufen kann ja jeder, dachte ich. Schließlich war es so weit: Ich bekam meine ersten drei Völker von unserem Lehrbienenstandleiter, Martin Buchberger.

 

Faszination pur!
Voller Begeisterung konnte ich mich kaum sattsehen: Wie sie ihre Waben bauen. Wie sie ein- und ausfliegen. Wie sie Pollenhöschen mit ganz unterschiedlichen Farben herbeibringen. Faszination pur!

 

Seit drei Jahren imkere ich nun selbst und lerne immer wieder dazu. Immer mehr entwickle ich ein Gespür dafür, welche Orte für Bienen gut passen könnten, was die Bienen gerade brauchen. Immer sicherer werden die Handgriffe, egal ob beim Durchsehen der Völker oder beim Bau von Unterkonstruktionen für meine Freisteher. Dabei bin ich erst am Anfang meiner Erfahrungen.

 

Mehr als nur Honig
Durch viel positives Feedback von Freunden und Bekannten, die ich offenbar auch für das Thema begeistern kann, ist mein Enthusiasmus für diese Hobby riesig. Es geht dabei längst nicht mehr nur um Honig. Es geht darum, die Natur genauer zu betrachten und sie besser zu verstehen. Es geht um das Zusammenleben eines Organismus‘, es geht um das Verhältnis zwischen Mensch und Natur.

 

Der Bienenstaat ist so komplex, so perfekt organisiert… Ich kann ihnen Stunden lang zusehen, ohne dass es langweilig wird. Deswegen bin ich froh, dass ich einst in Rotorua nach den ersten, bösen Stichen nicht aufgegeben habe.

 


Kommentar schreiben

Kommentare: 3
  • #1

    David (Dienstag, 12 April 2016 12:53)

    Sehr schöner Artikel,
    Wie viele Völker betreust du denn mittlerweile?

  • #2

    Robert (Mittwoch, 13 April 2016 09:03)

    Mistmatzen - der Begriff hat es nicht über die Grenze nach Tirol geschafft :-)

  • #3

    Thomas (Mittwoch, 13 April 2016 15:59)

    Dankeschön für das viele positive Feedback, v.a. über Facebook!
    Mittlerweile sind es sechs Völker, die im Landkreis Miesbach stehen.
    Und zu den "Mistmatzen": Ich denke, dass es dieses Wort unbedingt in den Tiroler Sprachgebrauch schaffen sollte! ;-)